Risiken von Pränataldiagnostik
Pränataldiagnostik erfreut sich wachsender Beliebtheit. Viele Paare sind bereit, aus eigener Tasche für pränatale Untersuchungen zu zahlen. Verständlich. Wer sorgt sich nicht um die Gesundheit und das Wohlergehen des noch ungeborenen Babys? Wer möchte nicht alles tun, damit sein Baby gesund zur Welt kommt? Wer möchte nicht die Chance ergreifen, das vielleicht kranke Kind noch im Mutterleib zu therapieren, wenn dies möglich ist?
Doch werdende Eltern müssen auch wissen:
Pränatale Diagnostik hat ihre Grenzen und auch ihre Schattenseiten. Insbesondere invasive Eingriffe werden auch deswegen nicht ohne Grund, spezielle Vorerkrankungen oder eine genetische Disposition von Ärzten vorgenommen, weil sie nicht unerhebliche Risiken bergen können.
Auch wenn neuere Daten darauf hinweisen, dass das Fehlgeburtsrisiko nach einer Fruchtwasser- oder Mutterkuchenpunktion sehr viel geringer ist als früher angenommen (etwa 1:500 bis 1:1000)
- ganz risikofrei ist die invasive Pränataldiagnostik nicht
. Auffällige Befunde in den nicht-invasiven Verfahren können zu einer großen Verunsicherung und Belastung der werdenden Eltern führen und
bedeuten nicht zwangsläufig, dass das Ungeborene wirklich erkrankt ist.Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass der zu diagnostischen Zwecken genutzte Ultraschall schädliche Auswirkungen auf das ungeborene Kind hat. Dennoch ist in der Strahlenschutzverordnung geregelt, dass ab 2021 keine Ultraschalluntersuchungen des Feten ohne medizinische Indikation mehr durchgeführt werden dürfen. Das sogenannte
"Babyfernsehen" mit 3D/4D-Ultraschall ist dann verboten.
Kosten: Pränataldiagnostik ist nicht immer eine Kassenleistung
Liegt
kein Verdacht auf eine Auffälligkeit, eine Vorerkrankung oder ein genetisches Risiko vor, sind pränatale Untersuchungen individuelle Wahlleistungen, die privat aus eigener Tasche bezahlt werden müssen.
Die Bezeichnung der Krankenkassen für diese Leistungen lautet „
individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)“. Ergeben sich während der Schwangerschaft und den normalen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft jedoch Anzeichen dafür, dass die Entwicklung des Ungeborenen doch beeinträchtigt sein könnte und halten Ärzte weitere Maßnahmen für sinnvoll, so werden die Kosten der pränatalen Untersuchungen als Kassenleistung übernommen. Frauen, die 35 Jahre oder älter sind, haben darüber hinaus von vornherein einen Anspruch auf eine von ihrer Krankenkasse bezahlte Fruchtwasseruntersuchung oder Mutterkuchenpunktion oder alternativ eine Ultraschall-Fehlbildungsdiagnostik.
Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft: das zahlt die Kasse
Keine Sorge, auch ohne spezielle Pränataldiagnostik sind Schwangere in der Regel gut versorgt. Die Krankenkassen zahlen etliche Vorsorgeuntersuchungen und wenn es die gesundheitlichen Voraussetzungen erfordern, auch alle weiteren erforderlichen Maßnahmen. Hier ein Überblick über die
gängigen Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft, die Schwangeren zustehen und eine Kassenleistung
ohne Zuzahlung sind:
- wiederkehrende Untersuchungen von Mutter und Kind (Gesundheitszustand, Erkennen von Risikoschwangerschaften)
- Kontrolle von Blutdruck und Gewicht
- Urinuntersuchung auf Eiweiß und Zucker
- drei Basis-Ultraschalluntersuchungen
- Tastuntersuchungen zur Beurteilung des Standes der Gebärmutter und der Kindslage
- Kontrolle der kindlichen Herzaktivitäten
- Bluttest: Bestimmung von Blutgruppe und Rhesusfaktor, Antikörper-Suchtests (AK), Hämoglobinbestimmung, Tests auf Infektionen von Chlamydien, Röteln, Lues (Syphilis) und Hepatitis B
- Toxoplasmose-Test und Cytomegalie-Test – allerdings nur bei nur bei Verdacht auf eine Infektion. Toxoplasmose-Erreger werden durch rohes Fleisch, Rohmilch oder Katzen übertragen, während Cytomegalieviren meist von Kleinkindern übertragen werden. Eine Infektion kann beim Ungeborenen zu schweren Schäden führen.
- Test auf Schwangerschaftsdiabetes
- HIV-Test
- Impfung gegen saisonale Influenza
- Empfehlungen zur Mundgesundheit (Parodontose) und Ernährung (zum Beispiel erhöhte Jodzufuhr)
Frühdiagnostik, Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft: Beratung ist unerlässlich
Sollte eine Pränataldiagnostik für Sie infrage kommen, so ist es wichtig, dass Ihr Arzt Sie ausführlich informiert, berät und über Chancen und Risiken sowie Grenzen der Pränataldiagnostik aufklärt. Nehmen Sie sich
Zeit für das Gespräch. Bereiten Sie Ihre Fragen vor. Nehmen Sie Ihren Partner mit – vier Ohren hören mehr als zwei. Verarbeiten Sie das Gehörte in Ruhe, wägen Sie ab.
Haben Sie sich für eine Pränataldiagnostik entschieden und nun ein Ergebnis vorliegen, das Sie verunsichert und ängstigt, kommt aufgrund der Schwere der Fehlbildung und Behinderung gar eine Abtreibung infrage, so scheuen Sie sich nicht, eine
Beratungsstelle oder einen psychologischen Dienst aufzusuchen. Ihr Arzt kann Ihnen mit entsprechenden Kontakten und Adressen weiterhelfen.
Und bedenken Sie: Sie haben auch ein
Recht auf Nicht-Wissen. Schwangere müssen in jede vorgeburtliche pränatale Diagnostik schriftlich einwilligen – eine Einwilligung, die Sie jederzeit wieder zurücknehmen können. Wenn Sie lieber doch nicht erfahren wollen, ob Ihr Kind krank oder behindert sein könnte, so haben Sie jedes Recht dazu und selbstverständlich einen Anspruch darauf, jegliche angebotene und angeratene Pränatale Diagnostik abzulehnen.