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      Alleinerziehend

      Alleinerziehende: Auch wir sind eine Familie!

      Mutter, Vater, Kind – früher galt das als das „klassische“ Familienmodell. Heute ist es nur noch eines von vielen: Es gibt Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, Pflegefamilien, Co-Elternschafts-Modelle. Nicht zu vergessen: die 2,76 Millionen Väter oder Mütter in Deutschland (2022), die eines oder mehrere Kinder allein aufziehen – manche auch von Anfang an. Auch sie bilden selbstverständlich eine Familie. Eine Familie, in der die getrennten Eltern eine besondere Verantwortung tragen und alle Beteiligten vor besonderen Herausforderungen stehen.

      So vielfältig Familien sind, so unterschiedlich sind auch Trennungsfamilien. Unterschieden wird zwischen Alleinerziehenden – die Kinder leben im Wesentlichen bei einem Elternteil – und getrennt Erziehenden. Diese teilen sich die Betreuung der Kinder gemeinschaftlich, auch wenn sie nicht mehr zusammenleben. Je nachdem, für welches Betreuungsmodell ihres Kindes bzw. ihrer Kinder sich die getrennten Eltern (hoffentlich einvernehmlich) entscheiden, müssen sie Aufgaben und Verantwortlichkeiten ganz oder zeitweise aufteilen. Klar ist: Ob Residenzmodell, Wechselmodell oder Nestmodell – das ideale Betreuungsmodell gibt es nicht (weitere Infos zu den Modellen findet ihr hier)
      Eltern können also nur versuchen, das für ihre Situation passende Betreuungsmodell zu finden. Immer im Blick sollten sie das Wohlbefinden des Kindes behalten. Bei Trennung und Scheidung ist es wichtiger denn je, an dieser Richtschnur kommende Entscheidungen auszurichten. Auch wenn sie keine Partner mehr sind: Die Eltern bleiben durch ihr Kind für immer miteinander verbunden und müssen ihren Weg als getrennte Familie finden.

      In diesem Artikel soll es vor allem um die Situation Alleinerziehender gehen. Eine Aufgabe, die hierzulande sehr häufig die Frauen stemmen: Acht von zehn Alleinerziehenden in Deutschland sind laut aktuellen Erhebungen Mütter. Und nur wenige von ihnen haben sich im Vorfeld bewusst für eine Solo-Mutterschaft entschieden.

      Mutter mit Kind

      Alleinerziehende stehen vor großen Herausforderungen 

      Ein Kind bekommt man in der Regel als Paar. Doch manchmal halten Beziehungen nicht und zerbrechen aus den unterschiedlichsten Gründen. Womöglich zählt auch ihr zu den Eltern, die vielleicht aus dem Nichts heraus plötzlich alleinerziehend sind. Eine immense Herausforderung und emotionale Belastung: Von jetzt auf gleich liegt so viel Verantwortung (je nach Engagement des zweiten Elternteils) weitgehend bei euch und ihr fühlt euch mit vielem womöglich allein gelassen und vielleicht auch überfordert.

      Und über allem schwebt der finanzielle und der Betreuungsdruck, der plötzlich hauptsächlich auf euren Schultern lastet. Wie kommen wir ohne ein zweites verfügbares Einkommen klar? Zahlt der oder die Ex regelmäßig Unterhalt? Aber auch „nur“ die alltäglichen Herausforderungen, die das Leben mit Kind mit sich bringt, können Alleinerziehenden alles abverlangen: rund um die Uhr für einen kleinen Menschen verfügbar zu sein, für ihn zu sorgen, ihn emotional aufzufangen, mit ihm zu spielen, in den Schlaf und durch die Nacht zu begleiten.

      War der ursprüngliche Plan womöglich der, sich als Eltern Verantwortung und Aufgaben mit Kind zu teilen, steht ihr in eurem Alltag mit dem kleinen Menschen plötzlich allein da. Herausforderungen, die man sich früher spontan aufteilen konnte – etwa die Betreuung des Kindes an Krankheitstagen –, müssen nun meistens allein bewerkstelligt werden. Um als Einelternfamilie gut zu funktionieren, sind Organisation und gutes Zeitmanagement ein absolutes Muss. Auch weil Alleinerziehende oftmals aus der finanziellen Not heraus schnell wieder in ihren Job zurückkehren müssen. Die kräftezehrende Balance zwischen Arbeit und Zeit fürs Kind ist ein großer Zwiespalt, der auf vielen alleinerziehenden Eltern lastet. Oft geben sie ihr Kind deshalb deutlich früher in eine Fremdbetreuung, als sie das unter anderen Lebensumständen geplant hatten. Auch das kann emotional herausfordernd sein.

      Habt ihr nach eurer Trennung ein gemeinsames Sorgerecht, so müsst ihr zumindest in allen zentralen Entscheidungen rund ums Kind zusammen zu einer Entscheidung finden – etwa bei einem Schulwechsel oder einer nötigen Operation. Gar nicht so leicht, mit demjenigen an einen Tisch zu kommen, von dem man sich gerade erst frisch getrennt hat bzw. von dem man womöglich verlassen wurde.

      Mutter spielt mit ihrem Kind

      Alleinerziehende können jede Form der Unterstützung gebrauchen

      Hoher finanzieller Druck, ein höheres Krankheitsrisiko und schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt – Alleinerziehende kämpfen an vielen Fronten und sind häufig benachteiligt gegenüber Eltern, die in einer Beziehung leben. Hinzu kommt bei vielen Alleinerziehenden auch noch das schlechte Gewissen, weil sie permanent das Gefühl haben, sich nicht ausreichend um ihr Kind kümmern zu können, oder aufgrund des hohen Drucks, den gesamten Alltag allein wuppen zu müssen, geistig nicht immer in der Form anwesend sein können, wie sie es gerne wären. Viele Alleinerziehende empfinden ihre Rolle als eine ständige Zerreißprobe, bei der selten mal eine ruhige Minute für sie selbst bleibt.

      Deshalb ist völlig klar: Alleinerziehende Elternteile können jede Form von Unterstützung – zwischenmenschliche, finanzielle ebenso wie gesellschaftspolitische – gut gebrauchen. Nicht nur, um selbst gesund zu bleiben, sondern auch zum Wohl des Kindes: Studien zeigen, dass die Gesundheit des Kindes stark von der Gesundheit der Eltern abhängt und umgekehrt. Anders gesagt: Geht der betreuende Elternteil nervlich zu Fuß, geht dies auch am Nachwuchs nicht spurlos vorbei.

      Alleinerziehende Elternteile: So wichtig ist ein gutes Netzwerk

      Was jedem alleinerziehenden Elternteil hilft, ist ein gutes, funktionierendes Netzwerk, das euch auffangen kann, wenn es zu Engpässen kommt: etwa wenn ihr krank werdet oder sich ein Arbeitstermin nicht verschieben lässt.

      Vielleicht kommt dafür euer direktes Umfeld infrage: Können Familie, Freunde oder vielleicht sogar Nachbarn einspringen oder womöglich an festen Terminen in der Woche etwas Zeit für euch freischaufeln? Im Gespräch mit Menschen aus eurem unmittelbaren Umfeld tun sich manchmal ungeahnte Möglichkeiten auf: Die Nachbarin unterstützt vielleicht bei der Kinderbetreuung, während ihr den Einkauf für sie miterledigen könnt. Hilfreich kann es auch sein, Kontakt zu anderen Eltern oder Alleinerziehenden in ähnlichen Situationen zu suchen und eure Kräfte zu bündeln – beispielsweise bei der Betreuung der Kinder. Oft ist das eine Win-win-Situation für alle.

      Armutsrisiko Einelternfamilie: Das steht Alleinerziehenden finanziell zu 

      Wer ein Kind allein aufzieht, hat häufig mit finanziellen Sorgen zu kämpfen. Gerade Elternteilen, die in Teilzeit arbeiten, fehlt es oft an Geld. So ist bei einem Kind, das hierzulande bei einer alleinerziehenden Mutter aufwächst, trotz Kindergeld oder Unterhaltspflicht – welches auch nicht jede Alleinerziehende erhält – die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, unter der Armutsgrenze zu leben, als bei Kindern, die mit zwei Elternteilen groß werden. Das erhöhte Armutsrisiko hat oft negative Folgen für die Kinder: Sie werden häufiger ausgegrenzt, etwa weil sie sich aufgrund der angespannten finanziellen Situation im Elternhaus eben nicht alles leisten und am Freizeitprogramm „der anderen“ teilhaben können. Zudem zeigen Studien, dass Kinder aus ökonomisch benachteiligten Familien sich statistisch gesehen häufig selbst weniger zutrauen, ihre Fähigkeiten schlechter einschätzen und sich in der Schule oft schwerer tun.

      Umso wichtiger ist es, dass ihr als Alleinerziehende alle Finanzierungsmöglichkeiten ausschöpft, die euch hierzulande zustehen. Zunächst einmal ist das der Unterhalt des jeweils anderen Elternteils, der sich nach dem Verdienst des Elternteils und dem Alter des Kindes richtet. Die genaue Staffelung ist in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle verzeichnet. Zusätzlich zum Unterhalt hat das Kind Anspruch auf Sonder- und Mehrbedarf. Der unterhaltspflichtige Elternteil muss sich z. B. an den Kosten für Operationen oder Klassenfahrten beteiligen. Mütter und Väter, die ihr Kind ohne Partner großziehen, können zunächst einmal 14 Monate Elterngeld bekommen. Wenn Alleinerziehende vor der Geburt des Kindes berufstätig waren, beträgt das Elterngeld 65 bis 67 Prozent des entfallenden Einkommens (max. 1.800 Euro). Liegt das Netto-Einkommen unter 1.000 Euro, können das bis zu 100 Prozent sein.

      Übrigens: Wer sich bewusst dafür entscheidet, ein Kind ohne Partner zu bekommen, kann viele dieser Finanzierungsmöglichkeiten nicht nutzen. Solo-Mütter (hier haben wir eine von ihnen interviewt) müssen bei der Kinderwunschbehandlung unterschreiben, dass sie verstanden haben, dass niemand unterhaltspflichtig ist. Auch die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung werden nur für (verheiratete) Paare übernommen, für Alleinstehende nicht.

      Müttern und Vätern, die Kinder unter drei Jahren versorgen und deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, steht ein Betreuungsunterhalt des anderen Elternteils zu. Gibt es allerdings niemanden, der Unterhalt zahlt, oder ist die Vaterschaft ungeklärt, kann der Alleinerziehende einen Unterhaltsvorschuss für das minderjährige Kind beim Jugendamt beantragen. Neben dem vollen Kindergeld, das ihr als Alleinerziehende für die Kinder erhaltet, steht euch ein spezieller Steuerfreibetrag zu, der eure Steuerbelastung senkt. Alleinerziehende, die Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe erhalten, können zusätzlich einen sogenannten Mehrbedarfszuschlag für ihre Kinder beantragen. Der genaue Betrag richtet sich nach Alter und Anzahl der Kinder. Alleinerziehende mit geringem Einkommen, die keine staatlichen Leistungen in Anspruch nehmen, können außerdem einen Kinderzuschlag von maximal 170 Euro pro Monat sowie Wohngeld beantragen.

      Solo Papa

      Geld allein hilft auch nicht weiter – Unterstützungsangebote für Alleinerziehende

      Ihr werdet plötzlich krank. Wer kümmert sich dann um Haushalt und Kind? Im Notfall können Alleinerziehende eine Haushaltshilfe auf Rezept bei der zuständigen Krankenkasse beantragen. Gerade nach der Entbindung eures Kindes könnt ihr die tatkräftige Unterstützung im Haushalt sicher gut gebrauchen. Werden die Belastungen des Alltags zu groß, ist vielleicht ein Kuraufenthalt – mit oder ohne Kind – eine Chance, um wenigstens für einige Wochen mal wieder Kraft zu tanken und die leeren Batterien aufzuladen. Wichtig: Euer behandelnder Arzt muss die Notwendigkeit einer Kur bescheinigen.

      Bundesweit gibt es außerdem sogenannte Familienferienstätten, die von Wohlfahrtsverbänden betrieben werden, und vor allem Familien, aber auch Alleinerziehenden mit geringen finanziellen Möglichkeiten einen erholsamen Urlaub bieten. Neben den Jugendämtern erhalten Alleinerziehende bei Wohlfahrtsverbänden und gemeinnützigen Vereinen wie dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) Beratung und Information. Dort weiß man, wo es Fördermittel gibt. Die Mitarbeiter kennen Hilfsangebote vor Ort, wie beispielsweise Notmütter, die im Fall eines Betreuungsengpasses vermittelt werden. Und auch die Mütter und Väter, die nicht das Sorgerecht haben, sind nicht aus der Pflicht. Stichwort Unterhaltspflicht oder Umgangsrecht

      Eine Alleinelternschaft birgt auch Vorteile

      Ein Umfeld, in dem ein Kind täglich spürt, dass das Verhältnis seiner Eltern angespannt ist, in dem vielleicht viel gestritten, geweint oder laut und wütend miteinander gesprochen wird, ist sicher nicht der Nährboden für eine glückliche Kindheit. Auch wenn ihr euch für euch und euer Kind bzw. eure Kinder wahrscheinlich einen anderen Weg gewünscht habt: Eine Alleinelternschaft birgt auch Chancen. Gerade für euer Kind. Das Fehlen (bzw. häufige Abwesendsein) einer Elternfigur stärkt in den meisten Fällen die Zuneigung zum vorhandenen Elternteil. Durch eure verlässliche 1:1-Begleitung erhält es optimale Voraussetzungen, Vertrauen in sich und die Welt aufzubauen, eben: eine sichere Bindung zu entwickeln. Gleichzeitig stellt es euch aber auch vor die Herausforderung, als wichtigste Bezugsperson des Kindes all seine Emotionen auffangen zu müssen: Gerade dann, wenn das Verhältnis zum anderen Elternteil vielleicht immer noch schwierig oder sogar inexistent ist, kann dies mitunter sehr herausfordernd sein. Erleichternd für Alleinerziehende ist es hingegen, dass sie Erziehungsfragen sowie viele kleine Entscheidungen des Alltags – etwa: „Machen wir spontan Urlaub an der See?“ oder: „Erlauben wir dem Kind noch ein Eis, obwohl es schon Kuchen hatte?“ – allein treffen können und somit viele Diskussionen ausbleiben, die in anderen Familien auf der Tagesordnung stehen.

      Und auch, wenn die Konstellation als Kleinstfamilie sicher viele extrem herausfordernde Momente für den Alleinerziehenden bereithält: Wer jeden Tag so viel Verantwortung übernimmt, eigenständig Lösungen findet, flexibel handeln muss, der wächst als Mensch und Persönlichkeit. Der traut sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr zu, glaubt mehr an sich selbst und geht gestärkt aus dieser Rolle hervor.

      Bewusste Entscheidung: Alleinerziehend als Solo-Mama

      Trotz all der Herausforderungen, mit denen Alleinerziehende zu kämpfen haben, gibt es auch Frauen, die sich bewusst dafür entscheiden, ohne einen festen Partner an ihrer Seite ein Kind zu bekommen – etwa über eine Samenspende oder den Weg der Adoption. Katrin Alberding ist eine „Solo-Mama by Choice. Mit uns hat sie über ihre bewusste Entscheidung, Herausforderungen und Chancen der Solo-Mutterschaft im Interview gesprochen.