Hilfe, mein Kind isst zu wenig!
Johannes war schon als Baby ein schlechter Esser. Er zeigte wenig Interesse am ersten Brei – weder am Gläschen noch am liebevoll selbstgekochten. Auch heute springt der knapp Zweijährige nach wenigen Bissen vom Mittagstisch auf, schnappt sich eine Banane und flitzt in den Garten. Die Eltern sorgen sich um seine Gesundheit.
Vielleicht haben Eltern die Geschichte des Suppenkaspers vor Augen, der so lange seine Suppe verweigerte und sich zum Strich hungerte, bis er eines Tages starb. Groß ist die Angst, das eigene Kind würde nicht genügend essen und sich deshalb nicht optimal entwickeln. Wie viele frischgebackene Mütter lassen sich durch Omas und anderen Mitmenschen verunsichern, die immer noch meinen, nur propere Kinder seien gesund.
Groß ist der Stress und vielfältig sind die Strategien, mehr Nahrung in den Nachwuchs zu bekommen. Nach dem spanischen Kinderarzt Dr. Carlos González sind das in den meisten Fällen überflüssige Bemühungen: Denn die vermeintliche Appetitlosigkeit ihres Kindes ist oft nur „ein Problem des Gleichgewichts zwischen dem, was ein Kind isst, und dem, was die Familie des Kindes meint, das es essen sollte“, schreibt er in seinem Ratgeber „Mein Kind will nicht essen“ und meint: Viele Probleme sind bei genauerer Betrachtung gar keine.
Bekommt mein Baby genug Milch?
Nach etwa drei bis vier Monaten nimmt das Baby plötzlich langsamer zu, die Brust ist weniger prall und, kaum angelegt, ist es ratzfatz fertig mit Stillen. Mütter fragen sich: Bekommt es noch genug Milch? Sollte ich zufüttern oder meine Milchmenge steigern? „Warum nur … Wollen Sie ein Milchgeschäft eröffnen?“ fragt González scherzhaft. Tatsächlich trinken die Kleinen nicht weniger, sondern einfach nur schneller. Ebenso ist normal, dass sich die Brust verändert und das Kind langsamer zunimmt.
Richtige Essprobleme sind nämlich eher die Ausnahme. Eher verweigern Babys nur vorübergehend ihre Mahlzeit, wenn sie etwa eine Krankheit ausbrüten, Zähne durchbrechen oder nach einem Wachstumsschub weniger Hunger haben. Aber auch dann ist es nicht nötig, das Kind täglich zu wiegen und sich von kleinen Gewichtsschwankungen verunsichern zu lassen. Aussagekräftig ist nur die Gewichtsentwicklung über einen längeren Zeitraum.
Zudem ist das Gewicht nur ein Faktor, um die Gesundheit des Kindes zu beurteilen. Ist das Baby vital, aufgeweckt, sind die Schleimhäute feucht, gibt es täglich mehrere nasse Windeln, ist alles in Ordnung. Kleinkinder, die den ganzen Tag fröhlich herumtollen, sind gesund, auch wenn sie eine zarte Figur haben, die auf die Eltern zerbrechlich wirken mag. Ratsam ist ein Besuch beim Kinderarzt aber, wenn das Kind über mehrere Monate hinweg gar nicht zunimmt oder wächst, deutlich an Gewicht verliert, dauerhaft krank ist oder Beschwerden beim Kauen oder Schlucken hat.